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Ursula Weber: Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n. Chr.
Staxryad Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Staxryād, Königin [bāmbišn]

© Dr. Ursula Weber - 29.01.2023 C Seite 1/3

Vorwort Abkürzungsverzeichnis Personenregister Orts- und Sachregister

Griechisches Wörterverzeichnis Karte des Sāsānidenreiches

NPi I: Introduction NPi II a: Main part a NPi II b: Main part b NPi III: Conclusion

ŠKZ I: Genealogie ŠKZ II: Hofstaat Pābags ŠKZ III: Hofstaat Ardašīrs I.

ŠKZ IV: Hofstaat Šābuhrs I. ŠKZ V: Frauen


Staxryād, Königin [bāmbišn]
[ŠKZ I 20]



B:
ŠKZ: mpI 26: <W> - sthlyʼt MLKTA = <ud> Staxryād bāmbišn; paI 21: ʼsthrdʼtyE MLKTE = Staxryād
bāmbišn; grI 50:   A Übers.: mp. (und) Staxryād, der Königin; pa. Staxryād, der
Königin; gr. und Staxryād, (die) Königin.


P:
→Šābuhr I. erwähnt in der Genealogie seiner großen Inschrift an der Kaʻba-i
Zardušt in Naqš-i Rustam fünf Frauen im Königsrang: die Königin der Königinnen
→Ādur-Anāhīd [ŠKZ I 1], die Königin des Reiches →Xwar(r)ānzēm [ŠKZ I 9], die Kö-
nigin →Dēnag [ŠKZ I 10], die Königin der Saken →Šābuhrduxtag [ŠKZ I 12] und an
fünfter Stelle die Königin1 Staxryād. Innerhalb der Königsfamilie mit 29 Mitgliedern
wies Šābuhr I. der Königin Staxryād den 20. Rang zu; damit steht sie an letzter Stelle
der Genealogie, aber herausgehoben vor den 9 Enkeln und Enkelinnen des Großkö-
nigs, die keinen Titel und zu diesem Zeitpunkt noch keine Bedeutung haben. Außer-
dem scheint Staxryād protokollarisch noch dadurch benachteiligt zu sein, dass ihr auf
den Rängen I 15-19 fünf Personen2 mit einem niedrigeren Titel vorausgehen. Diese
scheinbare Benachteiligung erweist sich jedoch als trügerisch, da die Genealogie
sich in einzelne Abschnitte mit sich abstufenden Verwandtschaftsgraden gliedert3.

1 Zum Titel bāmbišn/MLKTA s. E.Benveniste, Titres et noms propres en iranien ancien (1966) 27ff. -
W.Sundermann, Bānbišn. In: EncIr III,7(1989) 678-679. - Ph.Huyse, ŠKZ 2(1999) 107f. (mit vielen
Literaturangaben).
2 Prinz →Pērōz [ŠKZ I 15], →*Murrōd, Herrin, Mutter des Großkönigs Šābuhr I. [ŠKZ I 16], Prinz
→Narseh [ŠKZ I 17], Prinzessin →Rōdduxt, Tochter von Anōšag [ŠKZ I 18] und →Warāzduxt, Tochter
von Xwar(r)ānzēm [ŠKZ I 19].
3 Im Großen und Ganzen lässt sich folgende Gliederung der Genealogie aufzeichnen, auch wenn die
Zuordnung der einzelnen Personen nicht immer mit Sicherheit gewährleistet ist. Abschnitt I [ŠKZ I 1-4]
umfasst den Großkönig Šābuhr I. zusammen mit seinen Nachkommen: Ādur-Anāhīd, →Ohrmezd-
Ardašīr, →Šābuhr von Mēšān und →Narseh nach protokollarischer Rangfolge.
Der II. Abschnitt [ŠKZ I 5-9] ist den Ahnen der Sāsānidendynastie gewidmet: →Sāsān, →Pābag,
→Šābuhr, Sohn Pābags, →Ardašīr I. und Xwar(r)ānzēm.
Mit Ādur-Anāhīd beginnt der III. Abschnitt mit den derzeit noch lebenden Nachkommen Šābuhrs I. in
der Reihenfolge ihres Alters: auf Ādur-Anāhīd folgen Dēnag, →Wahrām, Šābuhr von Mēšān, Ohr-
mezd-Ardašīr und Narseh zusammen mit vermutlich drei Frauen, →Šābuhrduxtag, →Narsehduxt und
→Čašmag [ŠKZ I 10-14 (wobei Ādur-Anāhīd, Šābuhr von Mēšān, Ohrmezd-Ardašīr und Narseh nicht
ein 2. Mal mitgezählt wurden)]. Nach diesem Abschnitt erfolgt eine Zäsur, da die sich anschließenden
Familienangehörigen wohl eher der vorherigen Generation, der Familie Ardašīrs I., angehören.
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Staxryād, Königin [bāmbišn]

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Königin Staxryād, deren Name allein durch die Šābuhr-Inschrift bekannt geworden
ist, lässt sich wegen eines fehlenden Epithetons oder Herrschaftsbereichs nicht an-
deren Mitgliedern der großköniglichen Familie zuordnen. M.Sprengling4 deutete
Staxryāds Namen als "Stakhr's gift" und hielt sie für die jüngste Königin im Harem
Šābuhrs I. Durch diese Heirat hätte Šābuhr der Stadt Staxr eine große Ehre erwie-
sen. M.-L.Chaumont5 sah in Staxryād ebenfalls eine junge Frau des Großkönigs, de-
ren Name so viel wie "donnée par Staxr" bedeute. Dass es sich bei Staxryāds Na-
men nicht allein um ein Toponym, wie V.G. Lukonin6 annahm, sondern um einen
Personennamen7 handelt, der mit dem Ortsnamen Staxr zusammengesetzt ist, be-
weist die griechische Namensform  Die Stadt Staxr, in der arabischen Über-
lieferung Iṣṭaḫr genannt, liegt in Fārs (Persis) an der Straße von Iṣfahān nach Šīrāz,
in der Nähe von Naqš-i Rustam8.
Es ist anzunehmen, dass Staxryād nicht zufällig diesen Namen getragen hat, son-
dern dass er für ihre Person in ihrer Funktion als Königin aussagekräftig sein sollte;
dieser Name scheint einmalig zu sein, da weitere Belegstellen für Namenszusam-
mensetzungen mit Staxr nicht bekannt sind. So ergibt sich eine Möglichkeit, ihre Her-
kunft und ihr Verhältnis zum Königshaus zu klären. Staxryāds Stellung innerhalb der
großköniglichen Familie kann nur in einem größeren Zusammenhang im Hinblick auf
die Gliederung der Genealogie mit ihren sich abstufenden Verwandtschaftsgraden in
Bezug auf Šābuhr I. gesehen werden. Dass der Königin Staxryād fünf Persönlichkei-
ten mit niedrigerem Rang vorangehen, deutet daraufhin, dass sie nicht zur Gruppe
der ihr vorangehenden Familienmitglieder zu zählen ist. Mit Staxryād beginnt wohl
ein neuer Abschnitt innerhalb der Genealogie. Damit soll zum Ausdruck kommen,
dass sie in einem anderen Verwandtschaftsgrad zum Großkönig stand.
Nach der arabisch-persischen Überlieferung bestanden seit Beginn der Sāsāniden-
herrschaft sehr enge Beziehungen zu der Stadt Staxr mit ihrem berühmten Feuerhei-
ligtum der Göttin Anāhitā9. Hier fungierte Sāsān, der Namensgeber der Dynastie, als

Zu diesem IV. Abschnitt [ŠKZ I 15-20] gehören Šābuhrs I. Bruder Pērōz, *Murrōd, Frau Ardašīrs I. und
Mutter Šābuhrs I., gefolgt vom Prinzen Narseh, der wohl auch ein Bruder Šābuhrs I. sein könnte. Prin-
zessin Rōdduxt, Tochter der →Anōšag, ist erwiesenermaßen Mitglied des Königshauses und könnte
als Schwester Šābuhrs I. gelten. In diesen Kreis lässt sich ebenfalls Warāzduxt, Tochter der
Xwar(r)ānzēm, der Ehefrau Ardašīrs I. einreihen.
Auf Grund ihres Titels einer Königin müsste aus protokollarischen Gründen mit Staxryād hier ein neu-
er V. Abschnitt beginnen; es liegt nahe, sie zur erweiterten Königsfamilie zu rechnen.
Es ist eindeutig, dass im VI. und letzten Abschnitt der Genealogie die 9 Enkel und Enkelinnen
Šābuhrs I. auftreten.
4 Shahpuhr I, the Great on the Kaabah of Zoroaster (KZ) [140] 393.
5 A propos de quelques personnages féminins figurant dans l'inscription trilingue de Šāhpuhr Ier à la
"Kaʻba de Zoroastre". In: JNES 22(1963) 194-199; hier 198.
6 s. dazu V.G.Lukonin, Iran v III veke. Novye materialy i opyt istoričeskoj rekonstrukcii (1979) 105f.
Lukonin bezog den Königstitel der Staxryād auf die vorangehende Person Xwar(r)ānzēm, sodass sich
folgende Lesung ergibt: Warāzduxt, die Tochter der Xwar(r)ānzēm, der Königin von Staxr. - Zu dieser
Konstruktion s. die Bemerkungen von Ph.Huyse, ŠKZ 2(1999) 123.
7 M.Chaumont, ibid. (1963) 194-199. - M.Back, SSI (1978) 259, Nr. 317. - Ph.Gignoux, Noms propres
sassanides en moyen-perse épigraphique. Wien (1986) 160, Nr. 852. - Ph. Huyse, ŠKZ 2(1999) 123.
8 E.Kettenhofen, Römer und Sāsāniden in der Zeit der Reichskrise, 224 - 284 n.Chr. Wiesbaden
1982. (TAVO - Karte B V 11). - id., Das Sāsānidenreich. Wiesbaden 1993. (TAVO - Karte B VI 3:
Nebenkarte III).
9 M.-L.Chaumont, Le culte d'Anāhitā à Staxr et les premiers Sassanides (1958) 154-175. - ead.,
Pāpak, roi de Staxr, et sa cour (1959) 175-191. - ead. Le culte de la déesse Anāhitā (Anahit) dans la
religion des monarques d'Iran et d'Arménie au Ier siècle de notre ère (1965) 167-181. -
A.D.H.Bivar/M.Boyce, Eṣṭaḫr. I. History and Archaeology. II. As a Zoroastrian Religious Center. In:
EncIr VIII,6(1998) 643-46. - N.Miri, Sasanian Pārs. Historical Geography and Administrative Organiza-
tion. Costa Mesa, California (2012) 76-77; 120 Nr. 10 [s.v. Staxr; Estaxr]. (Sasanika Series.4.)
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Staxryād, Königin [bāmbišn]

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Vorsteher des Feuertempels der Göttin Anāhitā. Die Eroberung der Stadt Staxr durch
Pābag war gleichsam ein Meilenstein beim Aufstieg der Sāsānidenherrschaft. Hier
ließen sich Pābag, Šābuhr, Sohn Pābags, und Ardašīr zu Königen von Staxr krönen.
Staxr entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem "politisch-administrativen, religi-
ös-kultischen und ideologisch wichtigen Platz"10 im Sāsānidenreich. Dass Šābuhr I.
in seiner Genealogie auch die Königin von Staxr erwähnt, bedeutet eine Ehrung der
Stadt und ihres Heiligtums. Fest steht, dass der Großkönig sich der Göttin Anāhitā
und ihrem Tempel in Staxr eng verbunden fühlte. Dies beweist auch der Name seiner
Tochter Ādur-Anāhīd, der "Anāhitā-Feuer" bedeutet. Im Hinblick auf den Aufbau der
Genealogie ist zu betonen, dass Königin Staxryād zur erweiterten großköniglichen
Familie gehört und wohl als Ehefrau Šābuhrs I. in seiner Eigenschaft als König von
Staxr gelten kann.


L:
Quellen:
ŠKZ: M.Back, Die sassanidischen Staatsinschriften [SSI]. Leiden, Téhéran 1978. (Acta Iranica.18.) -
Ph.Huyse, Die dreisprachige Inschrift Šābuhrs I. an der Kaʻba-i Zardušt (ŠKZ). Bd 1-2. London
1999.(Corpus Inscriptionum Iranicarum.P. III, 1,1, 1-2.)

Name/Titel:
E.Benveniste, Titres et noms propres en iranien ancien. Paris (1966) 27ff. (Travaux de l'Institut
d'Études Iraniennes de l'Université de Paris.1.) - M.-L.Chaumont, A propos de quelques person-
nages féminins figurant dans l'inscription trilingue de Šāhpuhr Ier à la "Kaʻba de Zoroastre". In: Journal
of Near Eastern Studies 22(1963) 194-199; hier 198. - Ph.Gignoux, Glossaire des inscriptions peh-
levies et parthes. London (1972) 33b: stḥlyʼt; 47b: ʼstḥrdʼtyH. - M.Back, Die sassanidischen Staatsin-
schriften [SSI]. Leiden, Téhéran (1978) 259, Nr. 317.(Acta Iranica.18.) - Ph.Gignoux, Noms propres
sassanides en moyen-perse épigraphique. Wien (1986) 160, Nr. 852.(Iranisches Personennamen-
buch.II,2.) - W.Sundermann, Bānbišn. In: Encyclopaedia Iranica III,7(1989) 678-679. - Ph.Huyse,
Die dreisprachige Inschrift Šābuhrs I. an der Kaʻba-i Zardušt (ŠKZ). Bd 2. London (1999) 123.(Corpus
Inscriptionum Iranicarum.P. III, 1,1, 2.)

Staxr:
M.-L.Chaumont, Le culte d'Anāhitā à Staxr et les premiers Sassanides. In: Revue de l'Histoire des
Religions 153(1958) 154-175. - ead., Pāpak, roi de Staxr, et sa cour. In: Journal Asiatique 247(1959)
175-191. - ead., Où les rois sassanides étaient-ils couronnés? In: Journal Asiatique 252(1964) 58-75. - ead.,
Le culte de la déesse Anāhitā (Anahit) dans la religion des monarques d'Iran et d'Arménie au Ier siècle
de notre ère. In: Journal Asiatique 253(1965) 167-181. - Chr. Brunner, Geographical and Administra-
tive Divisions: Settlements and Economy. In: Cambridge History of Iran 3.2(1983) 747-777; hier 751. -
M.-L.Chaumont, Anāhīd. III. The Cult and its Diffusion. In: Encyclopaedia Iranica I,9(1985) 1006-
1009. - R.Gyselen, La géographie administrative de l'empire sassanide. Les témoignages sigillogra-
phiques. Paris (1989) 59 Nr. 39. (Res Orientales.I.) - J.Wiesehöfer, Die 'dunklen Jahrhunderte' der
Persis. Untersuchungen zu Geschichte und Kultur von Fārs in frühhellenistischer Zeit (330-140
v.Chr.). München (1994) 64 et passim. - M.Streck [-G.C.Miles], Iṣṭakhr. In: Encyclopaedia of Islam,
new edition, IV(1997) 219-222. - A.D.H.Bivar/M.Boyce, Eṣṭaḫr. I. History and Archaeology. II. As a
Zoroastrian Religious Center. In: Encyclopaedia Iranica VIII,6(1998) 643-646. - J.Wiesehöfer, Istachr.
In: Der Neue Pauly 5(1998) 1145f. - N.Miri, Sasanian Pārs. Historical Geography and Administrative
Organization. Costa Mesa, California 2012.(Sasanika Series.4.)

10 J.Wiesehöfer, Istachr. In: Der Neue Pauly 5(1998) 1146.