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Ursula Weber: Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n. Chr.
Shabuhrduxtag_Saken Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhrduxtag, Königin [bāmbišn] der Saken

© Dr. Ursula Weber - 21.03.2023 C Seite 1/12

Vorwort Abkürzungsverzeichnis Personenregister Orts- und Sachregister

Griechisches Wörterverzeichnis Karte des Sāsānidenreiches

NPi I: Introduction NPi II a: Main part a NPi II b: Main part b NPi III: Conclusion

ŠKZ I: Genealogie ŠKZ II: Hofstaat Pābags ŠKZ III: Hofstaat Ardašīrs I.

ŠKZ IV: Hofstaat Šābuhrs I. ŠKZ V: Frauen



Šābuhrduxtag, Königin [bāmbišn] der Saken
[ŠKZ I 12]



B:
ŠKZ: mpI 23/24: NWRA I hwslwbnrshy ŠM PWN ʼyly mzdysn nrshy MLKA hndy skstn W - twrstn OD
YMA dn by [ZY LNE BREr] lwbʼn W-ptnʼm = ādur I Husraw-Narseh nām, pad ēr mazdēsn Narseh, šāh
Hind, Sagestān ud Tūrestān tā drayā damb [ī amā pusar] ruwān ud pannām.
paI 19: ʼtrw HD hwsrwnryshw ŠME pty ʼry mzdyzn nryshw MLKA hndy skstn W twrgstn HN OL YMA
znb LN BRY ʼrwʼn W pʼšnʼm = ādur ēw Husraw-Narseh nām, pad ēr mazdēzn Narseh šāh Hind, Sa-
gestān ud Turestān yad ō zrēh zamb amā puhr arwān ud pāšnām.

grI 42/43:
     A !    A
A A A yA A A D " A !   A

Übers.: mp. und pa. 1 Feuerheiligtum, Husraw-Narseh ('Ruhmreich ist Narseh') mit Namen, für Seele
und Nachruhm des Ariers, des Mazdā-verehrenden Narseh, des Königs von Hind(estān), Sagestān
und Tūrān bis ans Meeresufer, Unseres Sohnes; gr. und ein Feuer(heiligtum), Husraw-Narseh
('Ruhmreich ist Narseh') genannt, zur Erinnerung (an) und Bewahrung (des) Namens (von) Narseh,
(dem) Arier, (dem) Mazdā-Verehrer, (dem) König von Hind(estān), Sagestān (und) Tūrān bis an(s)
Ufer (des) Meeres, Unseres Sohnes.

ŠKZ: mpI 25: W-nrshy ZY skʼn MLKA = ud Narseh ī Sagān šāh;
paI 20: nryshw skn MLKA = Narseh Sagān šāh;
grI 48:    A
Übers.: mp. und Narseh, dem König der Saken; pa. Narseh, dem König der Saken; gr. und Narseh,
(den) König (der) Saken.

ŠKZ: mpI 25: W-šhpwhrdwhtky ZY skʼn MLKTA = ud Šābuhrduxtag ī Sagān bāmbišn;
paI 20/21: šhypwhrdwhtkyE skn MLKTE = Šābuhrduxtag Sagān bāmbišn;
grI 48/49:   A () A.
Übers.: mp. und Šābuhrduxtag, der Königin der Saken; pa. Šābuhrduxtag, der Königin der Saken;
gr. und Šābuhrduxtag, die Königin (der) Saken.

ŠKZ: mpI 26: W-nrshydwhty ZY skʼn MLOTA = ud Narsehduxt ī Sagān bānūg.
Der Name der Narsehduxt fehlt in der parthischen und griechischen Übersetzung der Šābuhr-
Inschrift.

ŠKZ: mpI 27: W-ʼwhrmzdwhtky ZY skʼn MLKA BRTEr = ud Ohrmezd(d)uxtag ī Sagān šāh duxtar;
paI 21/22: W-ʼhwrmzddwhtkyE skn MLKA BRTY = ud Ohrmezdduxtag Sagān šāh duxt;
grI 51/52:   !A   A
Übers. mp. und pa.: und Ohrmezdduxtag, der Tochter des Königs der Saken; gr. und Ohr-
mezdduxtag, (die) Tochter des Königs (der) Saken.

Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhrduxtag, Königin [bāmbišn] der Saken

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Turfantext M31 (mp.): Text in Transliteration nach M.Boyce, A Reader in Manichaean Middle Persian
and Parthian. Texts with Notes. Leiden, Téhéran (1975) 44f.(Acta Iranica.9.)(Textes et Mémoires.II.)

1 *m'ny ... 'md, kš 'n nwhz'dg ʻyg trkwm'n, 'wd kwštyh ..., 'wd 'bzxy' ʻy p'rsyg, *'mwšt bwd hym. 'wd š'h
n'n xwrdn bzm bwd, 'wš dst 'hnwnc ny šwst. 'wd 'dyd hynd ps'nyg'n, 'wš'n gwpt kw m'ny 'md 'wd pd dr
ʻystyd. 'wd š'h 'w xwd'wn pyg'm pryst'd kw ʻyw zm'n p'y, d' 'n xwd 'w tw ''y'n. 'wd xwd'wn 'b'c 'w ʻyw
kwstg ʻyg wyng nšst, d' š'h dst šwst, cy xwdyc 'w nhcyhr prnptn bwd.
2 'wd 'c xwrn 'wl 'xyst 'wš dst ʻyw 'br sg''n b'nbyšn 'bgnd, 'wd yk 'br *kyrdyr ʻy 'rdw'ng'n, 'wd pr'c 'w
xwd'wn 'md. 'wš pd sr sxwn 'w xwd'wn 'wh gwpt kw m' dryst 'wr. *'wš xwd'wn* 'b'c gwft kw cym r'y
tyswm wynst. 'wd š'h gwft kwm swgnd xwrd kwt pd ʻyn zmyg ny hyl''n *rsyd. 'wš pd xyšm 'w xwd'wn
'wh gwpt kw 'yy, pd cy 'b'yšn hyd. k' ny 'w k'ryc'r šwyd, 'wd ny nhcyhr kwnyd. b' 'wh'y ʻyn bšyhkyh r'y
'wd *ʻyn drm'n bwrdn r'y 'b'yšn hyd. 'wd ʻync ny kwnyd.
3 'wš xwd'wn pswx 'wh d'd kw mn pd 'šm'h tyswc ny wynst; cym myšg kyrbgyy kyrd pd 'šm'h 'wt'n pd
twhmg'n. 'wd ws 'wd prhyd bng ʻy 'šm'h, kym dyw 'wd drwxš 'cyš b' *bwrd. 'wd ws bwd hynd, *kym 'c
wym'ryh 'xyzyn'd hynd. 'wd ws bwd hynd, kym tb 'wd rrz ʻy cnd-s'rg 'cyš 'n'pt. 'wd *ws bwd* hynd, ky
'w mrg md, 'wmyš' n ...

Dt. Übers.: Die Gnosis. Dritter Band: Der Manichäismus. Unter Mitwirkung von J.P.Asmussen, eingel.,
übers. und erläutert von A.Böhlig. Zürich, München (1980) 95-96.

95: Die Schicksalsstunde Manis vor dem König der Könige Bahram I., nach dem mittelpersischen Text
M3:
---- [Mani] --- kam, als wir, ich Nūḥzādag der Dolmetscher, der Schreiber (?) Kuschtai und der
Perser Abzaḥyā, von ihm [zusammengerufen] worden waren. Und der König war beim Mahl und
hatte noch nicht die Hände gewaschen. Und die Gefolgsmänner kamen herbei und sagten: "Mani ist
gekommen, und er steht an der Tür". Und der König sandte dem Herrn eine Botschaft: "Warte eine
Weile, bis ich selbst zu dir kommen kann". Und der Herr setzte sich wieder auf der einen Seite der
Wache (?) (des Fensters ?), bis der König die Hände gewaschen hatte, weil er 96 gerade im Be-
griff war, auf die Jagd zu gehen. Und er stand von dem Bankette auf und legte eine Hand auf
die Königin der Saken und die andere auf Kardēr, den Sohn Ardawans, und kam zum Herrn
heran. Und als Anfang seiner Worte an den Herrn sprach er so: "Du bist nicht willkommen!" [Und der
Her]r antwortete: "Aus welchem Grund? Habe ich etwas Böses getan?" Und der König sagte: "Ich
habe einen Eid geschworen, dich nicht in dieses Land kommen zu lassen". Und im Zorn sprach er so
zum Herrn: "Ah, wozu hat man euch nötig, da ihr weder in den Krieg zieht noch die Jagd treibt? Aber
vielleicht seid ihr für dieses Doktern und dieses Arzneibringen nötig? Und nicht einmal dieses tut ihr!"
Und der Herr antwortete in dieser Weise: "Ich habe Euch gar nichts Böses getan. Im Gegenteil habe
ich immer Euch und Eurer Familie Wohltaten erwiesen. Und viele und zahlreich sind Eure Diener, aus
denen ich Dämonen und Teufelinnen heraus[getrieben] habe. Und viele sind es gewesen, die ich von
ihrer Krankheit habe aufstehen lassen. Und viele sind es gewesen, von denen ich allerlei Arten von
Fieber und Frösteln abgewandt habe. Und viele sind es gewesen, die zum Tode gekommen sind, und
die ich [zum Leben zurückgerufen] habe...".



P:
In der Genealogie, dem ersten Abschnitt der Notitia dignitatum der Šābuhr-Inschrift
(262 n.Chr.), steht die Königin Šābuhrduxtag [ŠKZ I 12] unter 29 Mitgliedern der
sāsānidischen Königsfamilie auf dem 12. Rang. Unter den in der Genealogie er-
wähnten fünf Königinnen, deren Titel sehr exakt abgestuft sind, nimmt sie Platz vier
ein2. Šābuhrduxtags Herrschaftsbereich ist durch ihren Titel, Sagān bāmbišn, klar

1 W.B.Henning, Mani's Last Journey. In: BSOAS 10(1942) 949-950. - Wiederabgedr. In: Selected
Papers. Band II. Leiden, Téhéran (1977) 81-93. (Acta Iranica.15.)(Hommages et Opera Minora.VI.) -
Engl. Übers. in J.P.Asmussen, Manichaean Literature. Delmar, New York (1975) 54.(Persian Heritage
Series.22.)
2 Wie ausgeprägt das sāsānidische Protokoll auch für Frauen gewesen sein muss, beweist die feine
Abstufung der fünf durch die Šābuhr-Inschrift überlieferten Titel. Unter den adligen Frauen im
Sāsānidenreich nahm die Königin der Königinnen <bāmbišnān bāmbišn> (→Ādur-Anāhīd, Tochter
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhrduxtag, Königin [bāmbišn] der Saken

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definiert und erlaubt von daher eine gesicherte Zuordnung zu dem ihr vorangestellten
Vizekönig →Narseh, dem König von Sagestān, dem jüngsten Sohn →Šābuhrs I.
Auch die weiteren Mitglieder der Familie Vizekönig Narsehs sind inschriftlich belegt.
An zweiter Stelle folgt Narsehduxt [ŠKZ I 13], Šābuhrduxtag direkt nachgeordnet, mit
dem Titel Herrin der Saken. Sie darf wohl als Narsehs zweite Frau angesehen wer-
den. Aus welchem Grund Ihr Name nicht in die parthische und griechische Überset-
zung der Šābuhr-Inschrift aufgenommen wurde, ist nicht bekannt3.
Zu Narsehs Familie gehörte ferner →Ohrmezd(d)uxtag ī Sagān šāh duxtar [ŠKZ I
29], da sie ausdrücklich als seine Tochter bezeichnet wird und damit auch unter den
Enkeln und Enkelinnen Šābuhrs I. ihren Platz gefunden hat. Es muss aber offenblei-
ben, ob Šābuhrduxtag, Narsehduxt, oder noch eine andere Frau, als Mutter der
Ohrmezd(d)uxtag zu gelten hat.
Der Name von Narsehs Sohn und Thronfolger →Hormezd II. (302-309 n.Chr.)
müsste eigentlich neben dem seiner Schwester erwähnt sein. Es darf aber ange-
nommen werden, dass Hormezd II. noch nicht geboren war, als die Šābuhr-Inschrift
im Jahre 262 n.Chr. gesetzt wurde.
An zwei wichtigen historischen Ereignissen dürfte Šābuhrduxtag, Königin der Sak-
en, als Narsehs Ehefrau beteiligt gewesen sein: Die erste Quelle, das mittelpersisch-
manichäische Fragment M34, schildert eine ungewöhnlich detailliert beschriebene
Audienz im königlichen Palast von Bēlāpāṭ: An dieser Audienz nehmen 7 Personen
teil: ein nicht näher bezeichneter König, eine nicht mit Namen genannte Königin der
Saken, Kerdīr, Sohn des Ardawān (hoher Würdenträger am königlichen Hof) [ŠKZ IV
61] der Religionsstifter Mānī und drei Begleiter, Nūḥzāg (Dolmetscher und Berichter-
statter der Audienz), ferner der Schreiber Kuštai und der Perser ʻAḇezzaḵyā (ʻbzxyʼ).
Die Audienz wird unterbrochen durch die Ankunft Mānīs, den der König an seinen
Hof bestellt hatte. Es kommt zu einer unerfreulichen Auseinandersetzung zwischen
Mānī und dem König, dessen Konsequenzen aber nicht überliefert sind. Dieses Er-
eignis begründete W.B.Hennings Vermutung, dass es sich bei diesem König nur um
Wahrām I. handeln könnte, der den Religionsstifter und seine Anhänger streng ver-
folgte. Dagegen gab der Koptologe I.Gardner5 zu bedenken, ob der fragliche König
dieser Audienz nicht →Wahrām I. [ŠKZ I 11], sondern eher der Vizekönig Narseh
sein könnte. Für diese Deutung spricht die auffallende Intimität zwischen dem König,
der Königin der Saken und Kerdīr, Sohn des Ardawān, die dadurch zum Ausdruck
kommt, dass der König seinen Arm um die Königin und um Kerdīr legt. Sollte diese
Deutung der Wahrheit entsprechen, so hätten an dieser Audienz wohl eher der Vize-

Šābuhrs I., [ŠKZ I 1] und →Dēnag, Tochter des Pābag, im Hofstaat Ardašīrs I.[ŠKZ III 7]) den höchs-
ten Rang ein, gefolgt von der Königin des Reiches <šahr bāmbišn> (→Xwar(r)ānzēm [ŠKZ I 9]), deren
Titel jedoch nur ein einziges Mal belegt ist. Zur Königsfamilie gehörten des weiteren drei Königinnen
<bāmbišn> (→Dēnag [ŠKZ I 10], →Šābuhrduxtag, die Königin der Saken [ŠKZ I 12], →Staxryād [ŠKZ
I 20], →Dēnag, die Königin von Mēšān, die 'dastgerd des Šābuhr' [ŠKZ IV 3]. Den Titel einer Herrin
<bānūg> trugen →Narsehduxt [ŠKZ I 13], →Čašmag [ŠKZ I 14] und →*Murrōd, die Mutter Šābuhrs I.,
des Königs der Könige. Der Titel einer Prinzessin <duxš> führte allein →Rōdduxt, die Tochter der
Anōšag [ŠKZ I 18]. - s. im Inhaltsverzeichnis dieser Prosopographie den link →Šābuhr-Inschrift: ŠKZ
V: Frauen.
3 Dazu Ph.Huyse, ŠKZ 2(1999) 118, § 37,4: "Der Schreiber der parthischen Fassung und der ihm
folgende griechische Redaktor scheinen durch Haplologie von mp. skʼn MLOTA eine Dame der Saken
namens Narsehduxt zwischen der Königin der Saken Šābuhrduxtag und der Dame Čašmag verges-
sen zu haben".
4 W.B.Henning wird die erste Edition dieses Fragments verdankt →Mani's Last Journey. In: BSOAS
10(1940-1942) 941-953; 949-953.
5 I.Gardner/J.BeDuhn/P.Dilley, Mani at the Court of the Persian Kings. Studies on the Chester Beatty
Kephalaia Codex (2015) 177-179: Excursus on the Middle Persian Text M3.
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhrduxtag, Königin [bāmbišn] der Saken

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könig Narseh der Saken und seine Frau Šābuhrduxtag, die Königin der Saken, teil-
genommen.
I.Gardner führte als Beweis seiner These einen kurzen Abschnitt aus den noch nicht
edierten Dubliner Kephalaia an (2 Ke 445,2-7/Giversen 309): Danach lässt Vizekönig
Narseh Mānī ins Gefängnis werfen, fesseln und in Ketten legen6. Eine Begründung
für die Verhaftung fehlt im Text.
Bei der zweiten Quelle, die Šābuhrduxtag betrifft, handelt es sich um Großkönig
Narsehs einziges und unvollendet gebliebenes Felsrelief von Naqš-i Rustam (8) VI
(→Abb. 1-2: Relief und Nachzeichnung). Es zeigt Narseh mit der Lamellenkrone,
seiner zweiten Krone, und ist demnach wohl erst in der dritten Phase seiner Regie-
rung, in den Jahren 298 - 302, entstanden. Den Beweis für die späte Datierung lie-
fert Narsehs Münzbild aus der Spätzeit, das ihn mit der Lamellenkrone und seitlichen
Lockenballen zeigt.
Abgebildet ist die Szene, in der Narseh mit der Rechten den mit Bändern ge-
schmückten Ring, das Symbol der Herrschaft, in der Hand hält, den eine weibliche
vor ihm stehende Person ihm nicht überreicht, sondern überraschenderweise eben-
falls mit ihrer rechten Hand umfasst. (Abb. 3 a-c): Dieses Motiv ist auch von sāsāni-
dischen Silberschalen und Siegeln mit Darstellungen von Ehepaaren bekannt. In die-
sem Zusammenhang dürfte dieser Gestus für die Deutung des Reliefs von aus-
schlaggebender Bedeutung sein.
Beide Figuren, Narseh und die weibliche Person, stehen sich auf gleicher Augen-
höhe gegenüber, aber Narseh beherrscht mit seiner dominierenden Gestalt die
asymmetrisch7 gestaltete Szene. Das eigentliche Geschehen zwischen Narseh und
der weiblichen Person spielt sich ungewöhnlicherweise nicht im Zentrum, sondern
auf der rechten Hälfte des Reliefs ab8, während die linke Hälfte des Reliefs zwei Ne-
benfiguren vorbehalten ist, vom Betrachter aus gesehen ganz links eine unvollendete
Figur und rechts von ihr wahrscheinlich der Kronprinz Hormezd. Die weibliche Per-
son trägt eine Mauerkrone (→Abb. 3b), die mit einem an ihrem unteren Rand ange-
brachten Kranz von kleineren Hohlkehlen geschmückt ist. Es ist nicht zu übersehen,
dass ihre Krone das kennzeichnende Element der Narseh-Krone, die kannelierte
Hohlkehle, in verkleinerter Form aufnimmt9. Oberhalb der Mauerkrone mit Diadem-
bändern, sind ihre kunstvoll gedrehten Locken zu erkennen. Doch überragt Narsehs
sehr hoher Korymbos auf deutliche Weise Krone und Lockenaufbau der weiblichen
Gestalt. Ausschlaggebend für die Interpretation dieses Felsbildnisses ist die Deutung
der weiblichen Figur, deren linker Arm mitsamt der Hand unübersehbar durch einen
langen Ärmel (→Abb. 3b) verhüllt ist.
Unterhalb des bebänderten Rings der Herrschaft steht eine kleine männliche Figur
(→Abb. 3c), deren Kopf jedoch zerstört ist. Diese Figur trägt dieselbe Kleidung wie
Narseh, ist geschmückt mit einer Halskette und hält mit der linken Hand den

6 I.Gardner in I.Gardner/J.BeDuhn/P.Dilley, ibid. (2015) 179: "Once [again ...] Narseos, the Caesar,
the son of Shapur the king ... this persecution of the apostle. He (bound him in) fetters and chains. He
joined his... (He forced him to drink?) some wine. He bound him. He did not die. He ...affliction..."
7 M.Shenkar, Intangible Spirits and Graven Images. The Iconography of Deities in the Preislamic
World (2014) 70.
8 Zustimmend: E.Thompson, Composition and Continuity in Sasanian Rock Reliefs. In: IrAnt 43(2008)
299-358; hier 352: "The horizontal midpoint falls through the kings's right shoulder and the focal point
lies in the centre of the right side of the panel... - The right side of a composition is naturally heavier
and by placing the centre of interest on the right, the right immediately gains more weight". -
9 Zustimmend A.Sh.Shahbazi, Studies in Sasanian Prosopography. In: AMI 16(1983) 255-268; hier
266: "The facts that she was permitted to wear a crown identical with that of Šāpūr I (with the addition
of the vertical fluting of Narse's headgear), ..."
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
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Schwertknauf, während die rechte Hand in einem Gestus der Verehrung erhoben ist.
Nach der Meinung E.F. Schmidts ist hier vermutlich Narsehs Sohn und Nachfolger,
Hormezd [II.], zu sehen10. Dagegen spricht sich L. Vanden Berghe11 für eine andere
Deutung aus: Er sieht in der kleinen Figur einen Enkel des Narseh, vielleicht Ādur-
Narseh, einen Sohn Hormezds II. Die vierte Person dieses Reliefs, die direkt hinter
Narseh steht, könnte zwar ein hoher Würdenträger12 (→Abb. 3d) sein, andererseits
ist es auch nicht ausgeschlossen, dass dieser Narsehs Sohn und Nachfolger dar-
stellt: den späteren Hormezd II. Er trägt eine spitz zulaufenden Kolāh, deren Ende in
einen Pferdekopf mit anhängender Perle ausläuft. Für die Deutung als Kronprinz
spricht auch das gut sichtbare Diadem, das mit einer Schleife gebunden ist und des-
sen Enden bis zu den Schultern herabfallen. Zum Zeichen der Verehrung hat auch
diese Person ihre rechte Hand erhoben, während die linke den Schwertknauf um-
fasst. Auffallend ist auch die Übereinstimmung der Kleidung bei Narseh und den bei-
den Prinzen, sieht man von Narsehs mantelartigem Überwurf ab.
Die fünfte Figur ist nur in Umrissen erkennbar13 und weist darauf hin, dass das
Felsrelief unvollendet geblieben ist und in der dritten Phase, seiner Regierung ent-
standen sein muss. Beweisen lässt sich die Spätdatierung des Reliefs mit Hilfe des
Kronentyps II, der Lamellenkrone, die von Münzen aus der letzten Phase (298-302)
seiner Regierungszeit bekannt ist14.
Man muss fragen, wie das Relief von Naqš-i Rustam zu deuten ist und welchen
Stellenwert es für Narseh hatte. Von der überwiegenden Mehrheit15 der Gelehrten ist

10 E.F.Schmidt, Persepolis III (1970) 134.
11 L.Vanden Berghe, Reliefs rupestres de l'Irān ancien (1983) 140, Nr. 74. - N.Miri, Representation of
Children in Sasanian Rock Reliefs. In: International Journal of Humanities 24,3(2017) 67-80.
12 K.Mosig-Walburg sah in dieser Person einen Würdenträger [Die frühen sasanidischen Könige als
Vertreter und Förderer der zarathustrischen Religion (1982) 22-24]. - E.Herzfeld deutete diese Person
als Großwesir [La sculpture rupestre de la Perse sassanide. In: RAA 5(1928) 129-142; hier 138]. - R.
Göbl [Investitur im sasanidischen Iran und ihre numismatische Bezeugung. In: WZKM 56(1960) 36-51;
hier 44.] und A.Sh.Shahbazi [Studies in Sasanian Prosopography. In: AMI 16(1983) 255-268; hier
268.] glauben dagegen in dieser Figur eher den Kronprinzen Hormezd zu erkennen. - Nach A.Sh.
Shahbazi müsste daher in der kleinen Figur Narsehs Enkel Ādur-Narseh zu sehen sein [ibid. 268]. -
Allerdings gibt R. Gyselen zu bedenken, dass Hormezds II. spätere Krone zwar auch einen Tierkopf
zeigt, aber den eines Adlers [Vahrām III (293) and the Rock Relief of Naqsh-i Rustam II: a Contribution
to the Iconography of Sasanian Crown Princes in the Third Century. In: BAI n. s. 19(2005[2009]) 29-
36; hier 31 Fig. 3, b-d; 32.].
13 F.Sarre/E. Herzfeld, Iranische Felsreliefs (1910) 84-88; Taf. IX.
14 M.Alram, Early Sasanian Coinage (2008) 17-30; hier 27-29. - id., Narseh. In: M. Alram/R. Gyselen,
SNS II(2012) 277-352; 488-523.)
15 Felsrelief von Naqš-i Rustam VIII: Investitur Narsehs durch die Göttin Anāhitā:
F.Justi, III. Geschichte und Kultur. 2. Geschichte Irans bis zum Ausgang der Sāsāniden, in: F.Justi,
Grundriss der iranischen Philologie. Hrsg. von Wilh.Geiger/E.Kuhn. Straßburg II(1896-1904) 518f.:
"ein solches [Felsbildwerk] zu Naqsch-i Rustam stellt statt des Ormazd die Anāhita dar, zwischen bei-
den den kleinen Sohn des Königs ...".
F.Sarre/E.Herzfeld, Iranische Felsreliefs. Berlin (1910) 84-88; Pl. IX; hier 85: "Meiner Ansicht nach
handelt es sich hier um König Narsē, den Sohn Shāpūr I., der 292, nach dem Tode Warahrāns III.,
den Thron bestieg, und zwar um seine Investitur durch die Göttin Anahit".
E.Herzfeld, La sculpture rupestre de la Perse sassanide. In: RAA 5(1928) 129-142. - hier 138: "Voici
le roi debout, qui reçoit la couronne des mains de la déesse Anâhit. Un petit prince... À gauche le
grand vizir en attitude d'hommage et l'image inachevée d'un autre dignitaire. Il n'y a rien de nouveau
dans cette sculpture, sinon le fait que la déesse remplace le dieu Hormuzd".
K.Erdmann, Die Kunst Irans zur Zeit der Sasaniden. Berlin (1943) 67, Pl.27: "...sondern [er] hat auch
in Naqsh i Rustem ein eigenes Investiturrelief hinterlassen. Die nunmehr ganz freigelegte Tafel zeigt
ihn, wie er, auf dem Haupt eine Krone, die der der Göttin vor ihm angeglichen ist, aus den Händen der
Anahita das Diadem empfängt; ... Neu und einmalig ist, daß an die Stelle Ahura Mazdas Anahita, die
Göttin der Fruchtbarkeit, getreten ist". - id., Die Entwicklung der sāsānidischen Krone. In: Ars Islamica
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15-16(1951) 87-123.
A.Christensen, L'Iran sous les Sassanides. Copenhague (21944) 232; Fig. 22. - S. 232: "Narseh a
fait graver la scène de son investiture divine sur le rocher de Naqsh-e Rostam. C'est le motif bien
connu: le roi recevant l'anneau à rubans, symbol du pouvoir royal, de la main d'une divinité, divinité
féminine ici, dans laquelle Fr.Sarre veut reconnaître Anāhitā".
R.Ghirshman, Notes iraniennes III: À propos des bas-reliefs rupestres sassanides. In: Artibus Asiae
13(1950) 86-98; Fig. 1. - id., Iran. Parthes et Sassanides. Paris (1962) 176, Fig. 218.
E.F.Schmidt, Persepolis III. The Royal Tombs and Other Monuments (1970) 134: "Relief of Narseh,
Investiture of Narseh by Anahita: Anahita. At right end of scene. Right arm flexed, hand clasping sym-
bol of sovereignty; left arm bent, hand (inside sleeve) resting on left thigh. - ...prince between the king
and the goddess and beneath the symbol of sovereignty, unquestionably mark him as heir to the
throne, presumably the prince who in A.D. 302 succeeded his father as Hormizd II.
J.Duchesne-Guillemin, Art et religion sous les Sassanides. In: Atti del Convegno Internazionale sul
tema: La Persia nel Medievo (Roma, 31 marzo - 5 aprile 1970). Éd. par A. Bausani et al. Roma (1971)
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towards Anahita to receive the diadem of kingship..."; 77: "She [Anāhitā] has a necklace and earrings
like king and offering a diadem of kingship to him in a standing position".
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as a divine investiture, rather than as it should be, a family scene with his wife and heir".
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diadem to Narseh in his rock-relief...".
K.Tanabe, Not the Queen Šābuhrduxtag but the Goddess Anāhitā: Identification of the Female Figure
in the Investiture Scene of Narseh at Naqsh-i Rustam. In: Japan Society for Hellenistic-Islam Archaeo-
logical Studies 25(2018) 9-26; hier 20: Kritik und Schlussfolgerung: "However, 'Narseh's celebration of
the return of the Xwarrah and his recovery of kingship within his family circle' (Weber 2010a: 307,
316:), 'Recovery of the Xwarrah (Weber 2012: 154, 260, 282, 284), and 'Enjoying of Narseh's regain-
ing Xvarnah and his family and demonstration of restored sovereignity' (Weber/Wiesehöfer 2010: 112)
are acceptable in spite of their mistaken identification.
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhrduxtag, Königin [bāmbišn] der Saken

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dieses Relief bisher als Investiturrelief Narsehs gedeutet worden. Die wissenschaftli-
che Diskussion dreht sich auch heute noch vorrangig um die Deutung der weiblichen
Figur: Handelt es sich um die Göttin Anāhitā, oder doch eher um Narsehs Frau,
Šābuhrduxtag, Königin der Saken. Nach Hinweis von B.Overlaet war A.D.Mordtmann
der erste Gelehrte, der die weibliche Figur nicht als die Göttin Anāhitā, sondern als
Königin Wahrāms II. (ohne Namensangabe) deutete. Für A.D.Mordtmann war es na-
heliegend, den König als Wahrām II. anzusehen, da dieser sich sehr häufig zusam-
men mit seiner Königin auf Münzen, aber auch auf Reliefs abbilden ließ. Später hiel-
ten F.Justi, F.Sarre/E.Herzfeld, A.Christensen, K.Erdmann, R.Ghirshman,
J.Duchesne-Guillemin, K.Tanabe, L.Vanden Berghe und G.Herrmann die Szene für
eine Investitur des Königs Narseh durch die Göttin Anāhitā. M.Shenkar nimmt sogar
an, dass Narseh wegen seiner Verehrung der Göttin Anāhitā nur durch sie investiert
worden sein könnte. Diese Meinung vertrat auch V.Calzolari.
Dennoch kann diese These, wie bereits betont, nicht aufrecht erhalten werden16:
Mehrere Gründe sprechen dagegen, dieses Relief als Investiturrelief anzusehen. Im
Vergleich zur dominierenden Gestaltung des Narseh entspricht der Auftritt der weibli-
chen Person nicht dem einer Göttin, wie A.Sh.Shahbazi (1983) und B.Kaim (2009)
darlegten. Ihr verhüllter linker Arm, der üblicherweise den Stand einer protokollarisch
untergeordneten Person anzeigt, passt nicht zur Darstellung einer Göttin. Nicht zu
übersehen ist ferner, dass Narseh und die weibliche Person den bebänderten Ring
der Herrschaft gemeinsam ergreifen: Von einer Übergabe des Rings, d. h. von einer
Investitur durch die Göttin Anāhitā kann nicht die Rede sein. Die These, dass
Šābuhrduxtag Anteil an der Herrschaft gehabt haben könnte, halte ich jedoch für ab-
wegig. Hinzu kommt, dass die Datierung des Reliefs dem bekannten Münzbild in

16 Felsrelief von Naqš-i Rustam VIII: Herrschaftsbild Narsehs und seine Frau Šābuhrduxtag:
A.D.Mordtmann, Zur Pehlevi-Münzkunde. In: ZDMG 34(1880) 1-162; hier 41: "Die Hauptfigur in der
Mitte stellt den König vor mit Diadem, Krone, wie auf den Münzen Schapur's II, zur Rechten die Köni-
gin mit metallischem Diadem, und einer Mauerkrone...sie überreicht dem König mit der Rechten
ein Diadem, welches der König mit der Rechten ergreift, ... Mit Ausnahme des Kopfputzes hat
diese Darstellung eine grosse Aehnlichkeit mit den Münzen Bahram's II, auf denen zugleich die Büs-
ten der Königin und des Prinzen erscheinen...".
A.Sh.Shahbazi, Studies in Sasanian Prosopography. In: AMI 16(1983) 255-268; hier 266: "that since
the female figure is shown as subordinate to Narse, she could not have been meant to depict Anāhitā,
one of the leading deities of the Iranian religion".
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Persia I. [January 1, 2000; last updated March 15, 2010]: "A further image of the Sasanian royal family
is found in Narseh's relief at Nasš-e Rostam. It depicts the king and queen standing opposite each
other in semi-profile, both holding a ring...". - "Her identification on the royal reliefs was simply the
logical conclusion from the erroneous assumption that mortal women were not depicted...".
B.Kaim, Investiture or Mithra. Towards a New Interpretation of so-called Investiture Scenes in Parthi-
an and Sasanian Art. In: IrAnt 44(2009) 403-415; 407: "Since the concealment of a hand inside a
sleeve is an old Iranian sign of subordination, one can hardly imagine that this is really Anahita depict-
ed and not the king's spouse, for example".
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seen as a divine investiture, rather than as it should be, a family scene with his wife and heir".
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tinger Orientforschungen, Reihe III: Iranica N. F.13(2015) 159-187; hier 181.
M.R.Shayegan, Persianism: Or Achaemenid Reminiscences in the Iranian and Iranicate World(s) of
Antiquity (2017) 401-455; hier 449: "The most striking symbolism of this defiant recovery captured by
Narseh's relief (Figure 6) are the new crown worn by Narseh, the ring of rulership held in unison by
the imperial couple, ...".
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhrduxtag, Königin [bāmbišn] der Saken

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Narsehs Spätzeit entspricht, das ihn mit Lammellenkrone (Kronentyp II) und seitli-
chen Lockenballen zeigt. Dass Narseh das vermeintliche "Investiturrelief" gegen En-
de seiner Herrschaft in Auftrag gegeben hätte, erscheint wenig schlüssig. M. E. ent-
spricht dieses Relief eher einem Herrschaftsbild der sāsānidischen Königsfamilie als
einer Investitur. Allein die Tatsache, dass es unvollendet geblieben ist, deutet auf
eine Entstehung gegen Ende der Narsehherrschaft hin, nach dem Abschluss des
Friedens mit dem Imperium Romanum.
Bisher hat man es versäumt, die Entstehung des Reliefs gegen Ende der Narseh-
Herrschaft in seinen historischen Kontext zu stellen. In diese Überlegungen mitein-
zubeziehen sind einschneidende politische Ereignisse wie der Schmachfriede von
Nisibis, dessen Auswirkungen bis weit in die folgende Jahrhunderthälfte hineinreich-
ten: Im Jahre 298 befand sich Narseh in einer politisch desolaten Lage: Kein sāsāni-
discher König hatte bisher eine so verheerende militärische Niederlage durch das
Römische Reich erlitten. Erinnert sei an die Schlacht bei Satala, in der die römischen
Truppen des Caesar Galerius das in der Nähe befindliche Heer Narsehs vernichte-
ten, seine Frauen und eine Reihe von Würdenträgern gefangen nahmen und sogar
Teile des persischen Staatsschatzes erbeuteten. Man muss vermuten, dass feindlich
gesinnte parthische Adlige in Armenien durch Verrat an König Narseh den Ausgang
der Schlacht beeinflusst haben. Es folgte der demütigende Friede von Nisibis, durch
den die Sāsāniden herbe Gebietsverluste erlitten. Diese Gebiete kehrten erst 363
unter Šābuhr II. nur teilweise in sāsānidisches Reichsgebiet zurück, obwohl zwi-
schenzeitlich große Anstrengungen unternommen worden waren, die verlorenen Ge-
biete zurückzugewinnen.
Das Relief feiert außerdem erstens die glückliche Rückkehr der Familie des Herr-
schers, seiner Frauen und vieler Mitglieder der persischen Aristokratie. Zweitens
diente es der königlichen Selbstdarstellung, aber vor allem sollte es seine Legitimati-
on als Herrscher des Sāsānidenreiches dokumentieren: Es zeigt einen wiedererstark-
ten König Narseh mit der Königin Šābuhrduxtag, mit seinem Sohn Hormezd [II.] und
Enkel Ādur-Narseh. Es ist eine Art Herrschaftsbild, das den Fortbestand der Königs-
familie und die Rückkehr des xwarrah17 dokumentieren sollte. Drittens bewies Nar-
seh der Nachwelt, dass ihm das Verdienst zukam, die königliche Sukzession für die
ursprüngliche Königsfamilie nach dem Intermezzo der drei Wahrām-Könige zurück-
gewonnen zu haben. Ungeachtet einiger politischen Rückschläge in seinem Leben
war Narsehs Stellung als šāhān šāh gegen Ende seiner Herrschaft jedoch so gefes-
tigt, dass er das Recht hatte, sich an der Felswand von Naqš-i Rustam zu verewigen.
Sein Felsrelief, gedeutet als Abbild der königlichen Herrscherfamilie, sollte als äuße-
res Zeichen seines Vermächtnisses gelten, aber auch als Erinnerungsstätte Narsehs
für die Nachwelt.


17 M.R.Shayegan, Persianism: Or Achaemenid Reminiscences in the Iranian and Iranicate World(s) of
Antiquity (2017) 401-455; hier 448.
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Abb. 1: Felsrelief des Königs Narseh von Naqš-i Rustam (8) VI18
Foto: Diego Delso, Naghsh-e rostam, Irán, 2016-09-24, DD 08, CC BY-SA 4.0




Abb. 2: Felsrelief des Königs Narseh von Naqš-i Rustam (8) VI
Zeichnung von R.Howell
Kronprinz Hormezd [II.] (?), Großkönig Narseh, Ādur Narseh, Enkel (?), Königin Šābuhrduxtag


18 Aus: G.Herrmann, ibid. (1977) Pl. 8 und Fig. 2: von rechts: Königin Šābuhrduxtag, Hormezd [II.]
oder Ādur-Narseh (?), Sohn oder Enkel, König Narseh, und Hormezd [II.] oder ein Würdenträger (?).
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
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Abb. 3a. Narseh


Abb. 3b. Šābuhrduxtag



Abb. 3c. Hormezd [II.] oder Ādur-Narseh

Abb. 3d. Würdenträger oder Hormezd [II.]

Abb. 3: Felsrelief des Königs Narseh von Naqš- Rustam (8) VI19



19 G.Herrmann, ibid. (1977) Pl. 9-10: Ausschnitte.
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhrduxtag, Königin [bāmbišn] der Saken

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a)


b)

Abb. 4: Zwei Kronen des Königs Narseh:
a) Palmettenkrone; b) Lamellenkrone.
Institut für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien: Freundl. Genehmigung: M. Alram




L:
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