Bitte nutzen Sie zum Drucken den Knopf rechts in der Symbolleiste direkt oberhalb des Dokuments. Die Druckfunktion Ihres Browsers liefert ansonsten leider keinen korrekten Ausdruck.
Ursula Weber: Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n. Chr.
Shabuhr_Meshan Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhr, König [šāh] von Mēšān, Sohn Šābuhrs I.

© Dr. Ursula Weber - 30.04.2023 C Seite 1/7

Vorwort Abkürzungsverzeichnis Personenregister Orts- und Sachregister

Griechisches Wörterverzeichnis Karte des Sāsānidenreiches

NPi I: Introduction NPi II a: Main part a NPi II b: Main part b NPi III: Conclusion

ŠKZ I: Genealogie ŠKZ II: Hofstaat Pābags ŠKZ III: Hofstaat Ardašīrs I.

ŠKZ IV: Hofstaat Šābuhrs I. ŠKZ V: Frauen


Šābuhr, König [šāh] von Mēšān, Sohn Šābuhrs I.
[ŠKZ I 3]



B:
ŠKZ: mpI 23: PWN šhpwhry ZY myšʼn MLKA ZY LNE BREr = pad Šābuhr ī Mēšān šāh ī amā pusar;
paI 18: pty šhypwhr myšn MLKA LN BRY = pad Šābuhr Mēšān šāh amā puhr; grI 41:
A !    A D " 
Übers.: mp. und pa. von Šābuhr, dem König von Mēšān, Unserem Sohn; gr. (von) Šābuhr, dem Kö-
nig (der) Mesener, Unserem Sohn.

ŠKZ: mpI 25: <W> - šhpwhry ZY myšʼn MLKA = <ud> Šābuhr ī Mēšān šāh; paI 20: šhypwhr myšn
MLKA = Šābuhr Mēšān šāh; grI 47/48:   A 
Übers.: mp. und Šābuhr, dem König von Mēšān; pa. Šābuhr, dem König von Mēšān; gr. und Šābuhr,
(den) König (der) Mesener.

Turfanfragment M 4579: W.Sundermann, Mitteliranische Texte kirchengeschichtlichen Inhalts. Berlin
(1981) 69f.[4a.12].(Schriften zur Geschichte und Kultur des Alten Orients. Berliner Turfantexte.XI.):
(1) ʼwš hw ʼpdn zmyg knd (2) ʼwd ywšt qyrdʼbyd (c)[y] (3) hs myšwn šʼ(h) (4) wxybyh bw(t)[ 2-4]. -
Übers.: Und er grub die Erde jenes Palastes aus und erschütterte wahrlich, w[as] früher des Mēšūn-
šāh Eigentum gewesen war [........].


P:
Die einzige Quelle, die den Namen des Königs Šābuhr1 von Mēšān überliefert, ist
die Šābuhr-Inschrift an der Kaʻba-i Zardušt in Naqš-i Rustam, die im Jahre 262 n.Chr.
gesetzt worden ist2. König Šābuhr tritt danach an zwei Stellen unter den Nachkom-
men des gleichnamigen Großkönigs auf. Bei der ersten Erwähnung steht Šābuhr
nach seiner Schwester →Ādur-Anāhīd [ŠKZ I 1], Königin der Königinnen, dem Thron-
folger →Ohrmezd-Ardašīr [ŠKZ I 2], Großkönig der Armenier, auf dem 3. Rang, ge-
folgt von →Narseh [ŠKZ I 4], dem König von Hind(estān), Sagestān und Tūrān bis
ans Meeresufer. In diesem Abschnitt der Inschrift präsentiert sich →Šābuhr I. zu-
sammen mit seiner Tochter Ādur-Anāhīd, der Königin der Königinnen, und seinen

1 F.Justi, Iranisches Namenbuch (1895) 284-287. - Ph.Gignoux, Glossaire des inscriptions pehlevies
et parthes (1972) 34a; 64a. - M.Back, SSI (1978) 260, Nr. 325a. - Ph.Gignoux, Noms propres sassa-
nides en moyen-perse épigraphique (1986) 161, Nr. 858. - Ph.Huyse, ŠKZ 2(1999) 5f. - R.Schmitt,
Personennamen in parthischen epigraphischen Quellen (2016) 204, Nr. 480 f: Šābuhr, Sohn Šābuhrs
I., König von Mēšān.
2 Ph.Huyse, ŠKZ 1(1999) 10-14.
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhr, König [šāh] von Mēšān, Sohn Šābuhrs I.

© Dr. Ursula Weber - 30.04.2023 C Seite 2/7
drei Söhnen als Repräsentanten des Sāsānidenreiches3. Während bei der ersten
Erwähnung der Nachkommen Šābuhrs I. wohl die protokollarische Rangfolge einge-
halten wird, spielt dagegen bei der zweiten Erwähnung eher das Lebensalter der
Nachkommen die Hauptrolle4. Jetzt tritt der in der ersten Aufstellung nicht berück-
sichtigte Sohn Šābuhrs I., →Wahrām, König von Gēlān [ŠKZ I 11], der spätere
Wahrām I.5 als ältester6 Sohn, auf. Danach folgen Šābuhr, König von Mēšān, als
zweitältester Sohn, ferner Ohrmezd-Ardašīr (Kronprinz, der spätere Hormezd I.
[270/72-273 n.Chr.]) und als jüngster Sohn, Narseh (der spätere Großkönig [293-302
n.Chr.]).
In der Genealogie der Šābuhr-Inschrift7 finden sich noch weitere Hinweise zur Fa-
milie König Šābuhrs. Demnach verfügte Šābuhr im Vergleich zu seinen Brüdern und
seiner Schwester8 über eine große Familie: auf den Rängen I 22-28 sind seine sechs
Söhne und eine Tochter9 platziert. Sie alle gehören im letzen Abschnitt der Genealo-
gie zur Reihe der neun Enkel und Enkelinnen Šābuhrs I. auf den Rängen ŠKZ I 21 -
29.
Wer aber war die Mutter der sieben Kinder des Königs Šābuhr von Mēšān? Diese
Frage konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden. Auch die Genealogie liefert keine
Anhaltspunkte zur Lösung dieses Problems. In der wissenschaftlichen Diskussion ist
Königin →Dēnag von Mēšān, die "dastgerd" des Šābuhr [ŠKZ IV 3], die im Hofstaat
Šābuhrs I. unter 67 Würdenträgern einen herausragenden dritten Rang einnimmt und
inmitten von drei Vasallenkönigen platziert ist, verschiedentlich als Ehefrau Šābuhrs
von Mēšān und Mutter seiner sieben Nachkommen angesehen worden. Nicht uner-

3 Wohl nicht geklärt werden kann, dass Šābuhrs I. Sohn, Wahrām, König von Gēlān, der spätere
→Wahrām I. (273-276), bei der ersten Erwähnung der Nachkommen Šābuhrs I. nicht berücksichtigt
wurde.
4 M.Sprengling, Shahpuhr I, the Great on the Kaabah of Zoroaster (KZ) (1940) 392. - M.-L.Chaumont,
Les grands rois sassanides d'Arménie (1968) 82.
5 U.Weber, Wahrām I., König der Könige von Ērān und Anērān (273-276 n.Chr.). In: Festschrift für
Erich Kettenhofen (2008) 171-221. - ead., Wahrām II., König der Könige von Ērān und Anērān. In:
IrAnt 44(2009) 559-643. - Beide Artikel sind überarb., erweitert und mit Quellentexten versehen
→U.Weber, Prosopographie 2002ff. →www.dr-ursula-weber.de/prosopographie.
6 R.Gyselen hält dagegen Wahrām von Gēlān eher für den jüngsten Sohn Šābuhrs I.: R.Gyselen,
Vahrām III (293) and the Rock Relief of Naqsh-i Rustam: a Contribution to the Iconography of Sasa-
nian Crown Princes in the Third Century. In: Bulletin of the Asia Institute n.s. 19(2005[2009]) 29-36;
hier 29.
7 U.Weber, Prosopographie 2002ff. →Šābuhr-Inschrift: ŠKZ I.: Genealogie Šābuhrs I.
8 Bemerkenswert ist, dass die Nachkommen Ādur-Anāhīds, der Königin der Königinnen, nicht aus-
drücklich genannt sind. - Allein Ohrmezd-Ardašīrs protokollarischer Rang direkt hinter Ādur-Anāhīd
und sein Titel als wuzurg šāh der Armenier geben ihm als drittem Sohn Šābuhrs I. unter dessen vier
Söhnen eine Sonderstellung (vgl. die Ränge nach dem Lebensalter: Wahrām, König von Gēlān;
Šābuhr, König von Mēšān; Ohrmezd-Ardašīr, Großkönig der Armenier und Narseh, König der Saken).
Wer seine Ehefrau im Range einer Königin war, geht aus der Genealogie nicht hervor. Zu dem Zeit-
punkt, als die Šābuhr-Inschrift gesetzt wurde, ist nur →Hormezdag [ŠKZ I 21] als einziges Kind be-
kannt. - Narseh, Šābuhrs I. jüngster Sohn, ist in der Genealogie dagegen mit zwei Ehefrauen vertre-
ten: →Šābuhrduxtag [ŠKZ I 12], Königin der Saken und →Narsehduxt [ŠKZ I 13], Herrin der Saken.
Aus der Šābuhr-Inschrift ist nur →Ohrmezdduxtag [ŠKZ I 29] als einziges Kind König Narsehs be-
kannt. Narsehs späterer Thronfolger, →Hormezd II., war zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht gebo-
ren. - Wahrām, ältester Sohn Šābuhrs I., der spätere Großkönig Wahrām I., hat im Jahre 262 n.Chr.,
als die Šābuhr-Inschrift gesetzt wurde, einen protokollarisch niedrigen 11. Rang inne. Weder die Na-
men einer Ehefrau oder ihrer Nachkommen sind durch die Šābuhr-Inschrift dokumentiert. Außerdem
stellt Šābuhr I. ihn nicht mit seinen anderen vier Nachkommen auf eine Stufe, da er für ihn keinen
Feuertempel gestiftet hat.
9 Šābuhrs Nachkommen tragen folgende Namen: →Hormezd, →Hormezdag, →Ōdābaxt, →Wahrām,
→Šābuhr, →Pērōz und →Šābuhrduxtag [ŠKZ I 22-28].
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhr, König [šāh] von Mēšān, Sohn Šābuhrs I.

© Dr. Ursula Weber - 30.04.2023 C Seite 3/7
wähnt bleiben soll auch die These, dass Königin →Dēnag auf Rang I 10 der Genea-
logie mit der gleichnamigen Königin von Mēšān zu identifizieren sei10.
König Šābuhrs Herrschaftsbereich Mēšān11, im Griechischen unter dem Namen
 bekannt, lag im Süden Mesopotamiens und umfasste das Gebiet am Unter-
lauf der Flüsse Euphrat und Tigris einschließlich ihres Mündungsgebietes12. Wegen
ihrer geographischen Lage war die Mesēnē nicht nur Ausgangspunkt für Indienrei-
sende wie →Mānī, sondern auch bedeutender Umschlagplatz für den Warenverkehr
von und nach Indien13.
Dass König Šābuhr von Mēšān mit dem argbed →Šābuhr [NPi II a 3] der Pāikūlī-
Inschrift (ca. 293) identisch sein könnte14, ist wohl wegen der Zeitspanne von ca. 30
Jahren, die zwischen den beiden großen Inschriften liegt, schwer vorstellbar. Eher
dürfte König Šābuhrs Sohn gleichen Namens [ŠKZ I 26]15 mit dem argbed Šābuhr der
Pāikūlī-Inschrift identifiziert werden.
Eine bildliche Darstellung des Königs von Mēšān findet sich auf dem Felsrelief von
Naqš-i Rǎǰab I16. Es hält den Augenblick fest, da sich Šābuhr I. zusammen mit seinen
Söhnen und seinem Hofstaat zur festlichen Zeremonie seiner Krönung begibt. Wer
aber von den nachfolgenden Personen Šābuhr von Mēšān sein könnte, ist nicht mit
Sicherheit17 zu klären (Abb. 1, S. 5).
Über den Zeitpunkt, an dem Šābuhr I. seinen gleichnamigen Sohn als König von
Mēšān eingesetzt haben könnte, gibt es keine Anhaltspunkte. Die früharabische Ge-
schichtsschreibung legt die Eroberung von Mēšān in die zwanziger Jahre des 3.
Jahrhunderts n.Chr., ohne jedoch einen König von Mēšān zurzeit Ardašīrs I. zu nen-
nen18. Da König Šābuhr von Mēšān nach seiner Erwähnung in der Šābuhr-Inschrift

10 M.-L.Chaumont, A propos de quelques personnages féminins (1963) 194 Anm. 4.
11 hebr. Mēšān; syr. Maišān; mpI: myšʼn - paI: myšn = Mēšān; arab. Maysān. - Zum Gebrauch der
Namen Mēšān-Charakene s. M.Schuol mit weiterführenden Literaturangaben: Die Charakene (2000)
276ff.
12 Zur Mesene: E.Kettenhofen, Römer und Sāsāniden in der Zeit der Reichskrise, 224 - 284 n.Chr.
Wiesbaden 1982. (TAVO - Karte B V 11). - id., Das Sāsānidenreich. Wiesbaden 1993. (TAVO - Karte
B VI 3). -
F.H.Weissbach, Mesene. In: RE XV 1(1931) 1082-1095. - M.Streck-[M.Morony], Maysān. In: EI2
VI(1991) 918-923. - Sh.A.Nodelman, A Preliminary History of Characene (1959-1960) 83-121. -
J.Hansman, Charax and the Karkheh (1967) 21-58. - C.J.Brunner, Geographical and Administrative
Divisions: Settlements and Economy (1983) 754-757. - A.Oppenheimer, Babylonia Judaica in the
Talmudic Period (1983) 241-256. - R.Gyselen, La géographie administrative de l'empire sassanide
(1989) 76f. - J.Hansman, Characene and Charax. In: EncIr V,4(1992) 363-365. - J.Tubach, Die Insel
der Mesene. In: WdO 24(1993) 112-126. - Ph.Huyse, ŠKZ 2(1999) 19; 117. - J.Oelsner, Mesene. In:
Der Neue Pauly VIII (2000) 15-16. - M.Schuol, Die Charakene (2000) 280-284.
13 M.Schuol, ibid. 379ff. - Die Mesene als "Sammelplatz der Kaufleute des Ostens" und "das große
Mesene, den Hafen der Kaufleute": s. Kl.Beyer, Das syrische Perlenlied. Ein Erlösungsmythos als
Märchengedicht (1990) 234-259. - insbes. 243: Z. 18; 247: Z. 70.
14 H.Humbach/P.O.Skjaervø, NPi 3.1(1983) 33: B 11,01 - B 12,01; a 16,05 - a 17,05 [u.a.]; 3.2(1983)
39; 44. - M.Schuol, ibid. (2000) 171 und Anm. 261.
15 U.Weber, Prosopographie 2002ff. →Šābuhr-Inschrift: ŠKZ I.: Genealogie Šābuhrs I. [ŠKZ I 26]
16 s. hier das Titelblatt der Prosopographie: Foto von J.Wiesehöfer. - Veröffentlichungen zum Felsreli-
ef von Naqš-i Rǎǰab s. im Literaturverzeichnis.
17 Unter den zahlreichen Wissenschaftlern, die sich mit der Deutung und zeitlichen Einordnung dieses
Reliefs beschäftigt haben, sprechen sich allein W.Hinz [Altiranische Funde und Forschungen (1969)
137-143: Taf. 73-74; Mani und Kardēr (1971) 487 Anm. 13] und V.G.Lukonin [Iran v III veke (1979)
104ff., Anm. 172] für eine direkte Zuweisung der dargestellten Personen aus.
18 Vier Könige führen den Hofstaat Ardašīrs I. an: →*Sadāluf ī Abrēnag šāh, →Ardašīr ī Marw šāh,
→Ardašīr ī Kermān šāh und →Ardašīr ī Sagān šāh [ŠKZ III 1-4]. -
Der aus dem manichäischen Fragment M 47 I der Turfantexte bekannt gewordene →Mihršāh*, Mēšūn
xwadāy, Herr von Mēšān - auch als Bruder Šābuhrs I. gedeutet - muss eher als nicht historische
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhr, König [šāh] von Mēšān, Sohn Šābuhrs I.

© Dr. Ursula Weber - 30.04.2023 C Seite 4/7
(ca. 262 n.Chr.) in den Quellen nicht mehr auftritt, vermutete V.G.Lukonin, dass
Dēnag, Königin von Mēšān19 [ŠKZ IV 3], die 'dastgerd' des Šābuhr, oder einer ihrer
Söhne nach dem Tode ihres Mannes in Mēšān geherrscht habe20. Für diese Annah-
me gibt es in den Quellen aber keine Bestätigung.
Überraschend ist jedoch die Überlieferung der Pāikūlī-Inschrift, die dreißig Jahre
später (293 n.Chr.) nicht Šābuhr, Dēnag oder einen seiner sechs Söhne, sondern
→Ādur-Farrōbay [NPi II b 3] als König von Mēšān nennt. Dass es in der Tat eine poli-
tische Kehrtwende im Vizekönigtum Mēšān gegeben haben muss, bestätigt die
Nachricht des Turfanfragments M 457921: Kurz vor seinem Tod in Bēlāpāṭ habe Mani
im Jahre 276 n.Chr. den zerstörten Palast des Königs von Mēšān gesehen22. Wie es
zu dieser Zerstörung kommen konnte, darüber schweigt das Fragment. Festzuhalten
ist aber, dass die Ereignisse, die zur Zerstörung des Palastes geführt haben könnten,
in die Jahre nach dem Tode Hormezds I. zwischen 273 und 276 n.Chr. zu datieren
und auf Thronstreitigkeiten um die Erbfolge im Reich zurückzuführen sind. Nach die-
ser veränderten Situation im Königreich Mēšān ist ein Dynastiewechsel zu Beginn
oder während der Regierungszeit Wahrāms I. (273-276) nicht mehr auszuschließen.
Von daher ist es nicht ausgeschlossen, dass die Auseinandersetzungen um die Erb-
folge im Reich hier ihren sichtbaren Ausdruck gefunden haben. Wie es zu dieser ver-
änderten politischen Lage kommen konnte, geht aus den Quellen der drei Traditio-
nen nicht hervor. Danach wäre König Šābuhr von Mēšān, der wegen seines protokol-
larischen Ranges der Šābuhr-Inschrift unter den Brüdern an zweiter Stelle rangierte,
oder einer seiner Söhne, dem neuen Großkönig Wahrām I. Kampf um den Thron des
Sāsānidenreiches unterlegen.

Persönlichkeit angesehen werden, da die hagiographisch gefärbte Bekehrungsgeschichte des
Mihršāh* kaum einen Wert als historische Quelle besitzt.
19 U.Weber, Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.: s. v. →Dēnag, Königin
von Mēšān.
20 s. V.G.Lukonin, Iran v III veke. Novye materialy i opyt istoričeskoj rekonstrukcii (1979) 125f. (Engl.
Summary). - id., Nadpis' Narse v Pajkuli i Bišapurskij rel'ef. In: id., Drevnij i ranne-srednevekovyj Iran.
Očerki istorii kul'tury (1987) 155-176; hier 155-156.
Für Unklarheit sorgt die gleichzeitige Erwähnung von zwei Herrschern von Mēšān in der Šābuhr-
Inschrift: König Šābuhr und Königin Dēnag von Mēšān [ŠKZ IV 3]. Unübersehbar bleibt König Šābuhrs
bevorzugter Rang drei in der Genealogie der Šābuhr-inschrift und auch die Erwähnung seiner sieben
Nachkommen, während die häufig als die Ehefrau Šābuhrs gedeutete Königin Dēnag in der Genealo-
gie keinen Platz gefunden hat und erst im Hofstaat Šābuhrs I. auf Rang drei geführt wird. Nur unter
Vorbehalt darf man annehmen, dass Dēnag trotz ihres Titels 'dastgerd' des Šābuhr als Herrscherin
von Mēšān regiert hat.
21 Turfanfragment M 4579: W.Sundermann, Mitteliranische Texte kirchengeschichtlichen Inhalts. Berlin
(1981) 69f.[4a.12]:
(1) ʼwš hw ʼpdn zmyg knd (2) ʼwd ywšt qyrdʼbyd (c)[y] (3) hs myšwn šʼ(h) (4) wxybyh bw(t)[ 2-4]. -
Übers.: Und er grub die Erde jenes Palastes aus und erschütterte wahrlich, w[as] früher des Mēšūn-
šāh Eigentum gewesen war [........].
22 S.N.C.Lieu, Manichaeism in the Later Roman Empire and Medieval China (1985) 79f.: "However,
according to a Parthian Manichaean Fragment which has recently come to light, Mani was shocked to
discover that the palace of the Mesun-Šāh [Parth.: myšwn šʼh = myšwn xwdʼy(?)] had been de-
stroyed". - W.Sundermann, Mitteliranische manichäische Texte kirchengeschichtlichen Inhalts (1981)
69f. [4a.12]: "Und er grub die Erde jenes Palastes aus und erschütterte wahrlich, w[as] früher des
Mēšūn-šāh Eigentum gewesen war [................] ..."]. - W.Sundermann führt dagegen die Zerstörung
des Palastes auf erste anti-manichäische Maßnahmen durch Wahrām I. zurück. Dazu s. id., Iranische
Lebensbeschreibungen Manis. In: ActOr 36(1974) 125-149; hier 140f.: "Interessanterweise scheint der
Anfang des hier behandelten parth. Fragments zu berichten, dass jemand den Palast des Mēšūn-Šāh
bis auf den Grund zerstörte. Bekanntlich wird in einem parth. Blattbruchstück von der Bekehrung eines
Mēšūn-Xvadāy namens Mihršāh durch Mani berichtet. Darf man also annehmen, dass damals eine
erste antimanichäische Aktion das Andenken oder den Nachfolger eines vornehmen Anhängers Manis
traf?"
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhr, König [šāh] von Mēšān, Sohn Šābuhrs I.

© Dr. Ursula Weber - 30.04.2023 C Seite 5/7
In den Thronstreitigkeiten im Jahre 293 vertrat Ādur-Farrōbay jedoch das König-
tum Mēšān, galt aber nicht als Anhänger König Narsehs von Armenien, da er auf Sei-
ten Wahrāms III. und Wahnāms, Sohn des Tatrus, gegen König Narseh kämpfte.



Abb. 1: Felsrelief von Naqš-i Rǎǰab I: Šābuhr I. und seine Söhne inmitten seines Hofstaates
Foto: Prof. J.Wiesehöfer, Kiel

L:
Quellen:
ŠKZ: M.Back, Die sassanidischen Staatsinschriften [SSI]. Leiden, Téhéran 1978. (Acta Iranica.18.) -
Ph.Huyse, Die dreisprachige Inschrift Šābuhrs I. an der Kaʻba-i Zardušt (ŠKZ). Bd 1-2. London
1999.(Corpus Inscriptionum Iranicarum. P. III, 1,1, 1-2.)
NPi: H.Humbach/P.O.Skjaervø, The Sassanian Inscription of Paikuli. Part 1-3. Wiesbaden, Teheran
1978-1983.

Manichäische Homilien: The Manichaean Coptic Papyri in the Chester Beatty Library. Mani-
chaean Homilies. With a Number of hitherto Unpublished Fragments. Ed. by N.A.Pedersen. Turnhout
(2006) 44,13-16.(Corpus Fontium Manichaeorum. Series Coptica.II.)

Turfantext M 4579: W.Sundermann, Mitteliranische Texte kirchengeschichtlichen Inhalts. Berlin
(1981) 69f.[4a.12](Schriften zur Geschichte und Kultur des Alten Orients. Berliner Turfantexte.XI.) -
id., Iranische Lebensbeschreibungen Manis. In: Acta Orientalia 36(1974) 125-149; hier 140f.


Name:
F.Justi, Iranisches Namenbuch. Marburg (1895) 284. - Repr. Hildesheim 1963. - Ph.Gignoux, Glos-
saire des inscriptions pehlevies et parthes. London (1972) 34a; 64a.(Corpus Inscriptionum Iranicarum.
Supplementary Series.I.) - M.Back, Die sassanidischen Staatsinschriften [SSI]. Leiden, Téhéran
(1978) 260, Nr. 325a.(Acta Iranica.18.) - Ph.Gignoux, Noms propres sassanides en moyen-perse
épigraphique (1986) 161, Nr. 858.(Iranisches Personennamenbuch.II,2.) - Ph.Huyse, Die dreispra-
chige Inschrift Šābuhrs I. an der Kaʻba-i Zardušt (ŠKZ). Bd 2. London (1999) 5f.(Corpus Inscriptionum
Iranicarum. P. III, 1,1, 2.) - R.Schmitt, Personennamen in parthischen epigraphischen Quellen. Wien
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhr, König [šāh] von Mēšān, Sohn Šābuhrs I.

© Dr. Ursula Weber - 30.04.2023 C Seite 6/7
(2016) 204, Nr. 480 f.(Iranisches Personennamenbuch.II,5.)(Sitzungsberichte der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl.881.)(Iranische Onomastik.15.)

Mēšān (Mesene):
E.Kettenhofen, Römer und Sāsāniden in der Zeit der Reichskrise, 224 - 284 n.Chr. Wiesbaden 1982.
(Tübinger Atlas des Vorderen Orients - Karte B V 11). - id., Das Sāsānidenreich. Wiesbaden 1993.
(Tübinger Atlas des Vorderen Orients - Karte B VI 3).
F.H.Weissbach, Mesene. In: RE XV 1(1931) 1082-1095. - Sh.A.Nodelman, A Preliminary History of
Characene. In: Berytus 13(1959-1960) 83-121. - J.Hansman, Charax and the Karkheh. In: Iranica
Antiqua 7(1967) 21-58. - W.Sundermann, Mitteliranische Texte kirchengeschichtlichen Inhalts. Berlin
(1981) 69f.[4a.12].(Schriften zur Geschichte und Kultur des Alten Orients. Berliner Turfantexte.XI.) -
C.J.Brunner, Geographical and Administrative Divisions: Settlements and Economy. In: Cambridge
History of Iran 3.2(1983) 754-757. - A.Oppenheimer, Babylonia Judaica in the Talmudic Period.
Wiesbaden (1983) 241-256.(Tübinger Atlas des Vorderen Orients, R. B, Beih. 47.) - S.N.C.Lieu,
Manichaeism in the Later Roman Empire and Medieval China. A Historical Survey. Manchester 1985.
(Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament.63.) - 2., verb. und erw. Aufl. Tübingen
1992. - R.Gyselen, La géographie administrative de l'empire sassanide. Paris 1989.(Res
Orientales.I.) - Kl.Beyer, Das syrische Perlenlied. Ein Erlösungsmythos als Märchengedicht. In:
Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 140(1990) 234-259. - M.Streck-
[M.Morony], Maysān. In: Encyclopaedia of Islam, new ed., VI(1991) 918-923. J.Hansman,
Characene and Charax. In: Encyclopaedia Iranica V,4(1992) 363-365. - J.Tubach, Die Insel der
Mesene. In: Die Welt des Orients 24(1993) 112-126. - Ph.Huyse, Die dreisprachige Inschrift Šābuhrs
I. an der Kaʻba-i Zardušt (ŠKZ). Bd 2. London (1999) 19; 117.(Corpus Inscriptionum Iranicarum. P. III,
1,1, 2.) - J.Oelsner, Mesene. In: Der Neue Pauly VIII(2000) 15-16. - M.Schuol, Die Charakene. Ein
mesopotamisches Königreich in hellenistisch-parthischer Zeit. Stuttgart 2000.(Oriens et Occidens.1.)

Felsrelief von Naqš-i Rǎǰab I: Šābuhr I. und seine Söhne inmitten seines Hofstaates
G.Herrmann, The Dārābgird-Relief - Ardashīr or Shāhpūr? A Discussion in the Context of Early Sas-
anian Sculpture. In: Iran 7(1969) 78-80; Anm. 74; Fig. 9, Pl. 8. - W.Hinz, Altiranische Funde und For-
schungen. Berlin 1969. - E.F.Schmidt, Persepolis III. The Royal Tombs and Other Monuments. Chi-
cago 1970.(The University of Chicago Oriental Institute Publications.LXX.) - W.Hinz, Mani and
Kardēr. In: Atti del Convegno Intern. sul tema: La Persia nel Medioevo (Roma, 31 marzo - 5 aprile
1970). Roma (1971) 485-499.(Accademia Nazionale dei Lincei. Anno CCCLXVIII -
1971.Quaderno.160.) - H.Luschey, Zum Problem der Stilentwicklung in der achämenidischen und
sasanidischen Reliefkunst. In: Iranica Antiqua 11(1975) 113-133. - V.G.Lukonin, Iran v III veke. No-
vye materialy i opyt istoričeskoj rekonstrukcii [Iran in the third century]. Moskva (1979) Engl. Summary:
103ff. - G.Herrmann, Early Sasanian Stoneworking. In: Iranica Antiqua 16(1981) 151-160. -
K.Mosig-Walburg, Die frühen sasanidischen Könige als Vertreter und Förderer der zarathustrischen
Religion. Eine Untersuchung der zeitgenössischen Quellen. Frankfurt a.M. 1982.(Europäische Hoch-
schulschriften, Reihe III, 166.) - L.Vanden Berghe, Reliefs rupestres de l'Irān ancien. Musées Ro-
yaux d'Art et d'Histoire, Bruxelles, 26 octobre 1983 - 29 janvier 1984. Bruxelles (1983) 69f.; 106 Nr.
55; 128: Kat. Nr. 40; Taf. 20. - M.Meyer, Die Felsbilder Shapurs I. In: Jahrbuch des Deutschen Ar-
chäologischen Instituts 105(1990) 237-302; hier 284 und Anm. 168; 302; Abb. 27.

Geschichte:
Th.Nöldeke, Geschichte der Perser und Araber zur Zeit der Sasaniden. Aus der arabischen Chronik
des Tabari, übers. und mit ausführlichen Erläuterungen und Ergänzungen versehn. Leyden 1879. -
Repr. Graz 1973. - J.Marquart, Ērānšahr nach der Geographie des Ps. Moses Xorenacʻi. Mit histo-
risch-kritischem Kommentar und historischen und topographischen Excursen. Berlin 1901. (Abhand-
lungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Kl. N.F. III,2.) - Repr.
Nendeln, Göttingen 1970. - A.Herrmann, Sakastane. In: RE I A 2(1920) 1807-1812. - E.Herzfeld,
Paikuli. Monument and Inscription of the Early History of the Sasanian Empire. Band 1-2. Berlin 1924.
- M.-L.Chaumont, Recherches sur l'histoire d'Arménie de l'avènement des Sassanides à la conver-
sion du royaume. Paris 1969. - W.Sundermann, Iranische Lebensbeschreibungen Manis. In: Acta
Orientalia 36(1974) 125-149. - V.G.Lukonin, Iran v III veke. Novye materialy i opyt istoričeskoj rekon-
strukcii. Moskva 1979. - W.Sundermann, Mitteliranische manichäische Texte kirchengeschichtlichen
Inhalts mit einem Appendix von N.Sims-Williams. Berlin 1981.(Schriften zur Geschichte und Kultur des
Alten Orients. Berliner Turfantexte.XI.) - G.J.Davary, Baktrisch. Ein Wörterbuch auf Grund der In-
schriften, Handschriften, Münzen und Siegelsteine. Heidelberg 1982. - E.Kettenhofen, Die römisch-
persischen Kriege des 3. Jahrhunderts n.Chr. nach der Inschrift Šāhpuhrs I. an der Kaʻbe-ye Zartošt
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Šābuhr, König [šāh] von Mēšān, Sohn Šābuhrs I.

© Dr. Ursula Weber - 30.04.2023 C Seite 7/7
(ŠKZ). Wiesbaden 1982.(Tübinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe B, Beih. 55.) - R.N.Frye, The
History of Ancient Iran. München 1984.(Handbuch der Altertumswissenschaft, Abt. III, Teil 7.) -
J.Harmatta, Chionitae, Euseni, Gelani. In: Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungaricae 31(1985-
1988) 43-51. - S.N.C.Lieu, Manichaeism in the Later Roman Empire and Medieval China. A Historical
Survey. Manchester 1985. - 2., verb. und erweiterte Aufl. Tübingen 1992.(Wissenschaftliche Untersu-
chungen zum Neuen Testament.63.) - Ph.Huyse, Die dreisprachige Inschrift Šābuhrs I. an der Kaʻba-i
Zardušt (ŠKZ). Bd 2. London (1999) 118 Anm. 199.(Corpus Inscriptionum Iranicarum. P. III, 1,1, 2.) -
U.Weber, Hormezd I., König der Könige von Ērān und Anērān. In: Iranica Antiqua 42(2007) 387-418.
- →Überarb., erweiterte und mit Quellen versehene Ausgabe von 2022 →ead., Prosopographie
2002ff. - www.dr-ursula-weber.de/prosopographie - U.Weber, Wahrām I., König der Könige von Ērān
und Anērān (273-276 n.Chr.). In: Festschrift für Erich Kettenhofen. Hrsg. von O.Tabibzadeh und
T.Daryaee. Teheran (2008) 171-221.(Iranistik. Deutschsprachige Zeitschrift für iranistische Studien.
5,1-2[2006-2007]. Überarbeitete Ausg. von 2021 →www.dr-ursula-weber.de/prosopographie -
R.Gyselen, Les Wahramides (273-293 A.D.): Quelques aspects de leur langage monétaire. In: Studia
Iranica 39(2010) 185-223.