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Ursula Weber: Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n. Chr.
Narseh_Prinz Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Narseh, Prinz [wispuhr]

© Dr. Ursula Weber - 11.02.2023 C Seite 1/3

Vorwort Abkürzungsverzeichnis Personenregister Orts- und Sachregister

Griechisches Wörterverzeichnis Karte des Sāsānidenreiches

NPi I: Introduction NPi II a: Main part a NPi II b: Main part b NPi III: Conclusion

ŠKZ I: Genealogie ŠKZ II: Hofstaat Pābags ŠKZ III: Hofstaat Ardašīrs I.

ŠKZ IV: Hofstaat Šābuhrs I. ŠKZ V: Frauen


Narseh, Prinz [wispuhr]
[ŠKZ I 17]


B:
ŠKZ: mpI 26: W-nrshy ZY BRBYTA = ud Narseh ī wispuhr; paI 21: nryshw BRBYTA = Narseh
wispuhr; grI 49:       Übers.: mp. und Narseh, dem Prinzen; pa. Nar-
seh, dem Prinzen; gr. und Narseh, den Prinzen.

P:
Prinz Narseh1 gehört zur erweiterten Familie →Šābuhrs I. und steht auf dem 17.
Rang in der Genealogie, die insgesamt 29 Familienmitglieder verzeichnet. Sein Titel
wispuhr/BRBYTA2, weist ihn als Prinzen und Angehörigen der großköniglichen Fami-
lie aus. Ebenso wie dem zwei Ränge vor ihm platzierten Prinzen →Pērōz [ŠKZ I 15]
fehlt Narseh das kennzeichnende Patronymikon, um seinen Platz in der Familie des
Großkönigs definieren zu können. Wer aber ist der Vater dieses Prinzen und in wel-
chem Verhältnis steht er zu Šābuhr I.? Bei einer solchen Unsicherheit ist es hilfreich,
die Position des Prinzen Narseh in der Genealogie zu untersuchen.
Dem Prinzen vorangestellt sind die Söhne und Töchter Šābuhrs I. Im Anschluss an
den jüngsten Sohn, →Narseh, König der Saken [der spätere König der Könige], fol-
gen seine Ehefrauen, →Šābuhrduxtag [ŠKZ I 12], die Königin der Saken, und
→Narsehduxt [ŠKZ I 13], die Herrin der Saken. Mit der nachfolgenden →Čašmag
[ŠKZ I 14], der Herrin, endet die engere Familie des Großkönigs und es beginnt ein
neuer Abschnitt innerhalb der Genealogie.
Diese Zäsur wird sichtbar in der nicht Protokoll gerechten Abfolge der Titel: auf
zwei Herrinnen folgen überraschenderweise zwei Prinzen, Pērōz und Narseh, zu-
sammen mit →*Murrōd [ŠKZ I 16], der Mutter Šābuhrs I. Während Prinz Pērōz durch
das Zeugnis des Ibn an-Nadīm wohl als Bruder Šābuhrs I. belegt ist, kann dies im
Falle des Prinzen Narseh nicht mit Sicherheit angenommen werden. Narsehs Name
ist allein durch die Šābuhr-Inschrift bekannt. Entscheidend ist doch wohl seine proto-

1 Zum Namen des Narseh s. F.Justi, Iranisches Namenbuch (1895) 222, Nr. 10. - Ph.Gignoux, Glos-
saire des inscriptions pehlevies et parthes. London (1972) 30a-b; 59a. - M.Back, SSI (1978) 237, Nr.
228a. - Ph.Gignoux, Noms propres sassanides en moyen-perse épigraphique (1986) 134, Nr. 678. -
Ph.Huyse, ŠKZ 2(1999) 110 Anm. 182. - Bemerkenswert ist, dass insgesamt acht Persönlichkeiten
mit Namen Narseh in der Šābuhr-Inschrift vorkommen, davon tragen aber nur drei den Titel Prinz:
neben dem hier besprochenen Narseh sind dies Prinz →Narseh, Sohn des Pērōz [ŠKZ IV 8] und Prinz
→Narseh, Sohn des Zādspraxm [ŠKZ IV 9].
2 Zum Titel wispuhr s. E.Benveniste, Titres et noms propres en iranien ancien (1966) 20-26. -
Ph.Huyse, ŠKZ 2(1999) 119f. mit zahlreichen Literaturangaben.
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Narseh, Prinz [wispuhr]

© Dr. Ursula Weber - 11.02.2023 C Seite 2/3
kollarische Einordnung, zwei Ränge hinter Pērōz, dem Bruder3 des Großkönigs und
direkt nach *Murrōd; diese Platzierung lässt vermuten, dass auch Narseh ein Bruder
Šābuhrs I. sein könnte. Träfe diese Annahme zu, so stünde im Anschluss an die Fa-
milie des Narseh auf den Rängen ŠKZ I 15-17 eine kongruente Gruppe von drei Per-
sonen, die der Familie Ardašīrs I. zuzuordnen wäre: *Murrōd, eine seiner Ehefrauen
und Mutter Šābuhrs I., eingerahmt von zwei Prinzen, die vielleicht auch ihre Söhne
und Brüder des Großkönigs sein könnten.

L:
Quellen:
ŠKZ: M.Back, Die sassanidischen Staatsinschriften (SSI). Leiden, Téhéran 1978. (Acta Iranica.18.) -
Ph.Huyse, Die dreisprachige Inschrift Šābuhrs I. an der Kaʻba-i Zardušt. Bd 1-2. London
1999.(Corpus Inscriptionum Iranicarum.P. III, 1,1,1-2.) - Th.Nöldeke, Geschichte der Perser und Ara-
ber zur Zeit der Sasaniden. Aus der arabischen Chronik des Tabari, übers. und mit ausführlichen Er-
läuterungen und Ergänzungen versehn von Th. Nöldeke. Leyden 1879. - Repr. Graz 1973.

Name/Titel:
F.Justi, Iranisches Namenbuch. Marburg (1895) 222, Nr. 10. - Repr. Hildesheim 1963. -
E.Benveniste, Titres et noms propres en iranien ancien. Paris (1966) 20-26. (Travaux de l'Institut
d'Études Iraniennes de l'Université de Paris.1.) - Ph.Gignoux, Glossaire des inscriptions pehlevies et
parthes. London (1972) 30a-b; 59a.(Corpus Inscriptionum Iranicarum. Supplementary Series.I.) -
M.Back, Die sassanidischen Staatsinschriften (SSI). Leiden, Téhéran (1978) 237, Nr. 228a. (Acta
Iranica.18.) - Ph.Gignoux, Noms propres sassanides en moyen-perse épigraphique. Wien (1986)
134, Nr. 678.(Iranisches Personennamenbuch.II,2.) - Ph.Huyse, Die dreisprachige Inschrift Šābuhrs I.
an der Kaʻba-i Zardušt. Bd 2. London (1999) 110a und Anm. 182.(Corpus Inscriptionum Iranicarum. P.
III, 1,1,2.) - R.Schmitt, Personennamen in parthischen epigraphischen Quellen. Wien (2016) 145, Nr.
315 e.: Prinz (BRBYTʼ) am Hof Šābuhrs I., vielleicht dessen Bruder.(Iranisches Personennamen-

3 F.Justi, M.Sprengling und W.B.Henning hielten die Prinzen Pērōz [ŠKZ I 15] und Narseh [ŠKZ I 17]
für Brüder Šābuhrs I.: F.Justi, Iranisches Namenbuch (1895) 222, Nr. 10: "Narsī, Bruder des Sapor I
und Vater der Dutnōš (Nōša), mit welcher Daizan von Ḥadr (Hatra) eine Tochter erzeugte, die später
ihren Vater an die Perser verrieth"; 247, Nr. 12 [zu Pērōz, Bruder Šābuhrs I.]. - M.Sprengling, Shah-
puhr I, the Great on the Kaabah of Zoroaster (KZ) (1940) 393: "The royal Princes, who as Nos. 14 and
16 flank the queen mother, are known to us as Shahpuhr's brothers". - W.B.Henning, Notes on the
Great Inscription of Šāpūr I (1954) 46: "Narseh, the Prince ... brother of Šāpūr I whose daughter
Dutnōš (Dinawari) or Anōšak (Firdausi: Nōša) was abducted by "Ḍaizan", the king of Ḥatra (see
Nöldeke, Tabari, p. 36, n.1.)". - A.Maricq sprach sich nur unter Vorbehalt für eine Identifizierung des
Prinzen Narseh mit einem Bruder Šābuhrs I. aus: Res Gestae Divi Saporis (1958) 334: "Narsès est un
frère de Sapor Ier; Dīnawarī, p. 50 éd. Guirgass; cf. Justi, op.cit. p. 222, no 10. Parenté probable (voisi-
nage de Pérôz), non certaine".
Auf den ersten Blick verwirrend ist der Hinweis Th.Nöldekes [Tabari (1879) 36 Anm. 1] auf eine Per-
sönlichkeit mit Namen Narseh in der Eroberungsgeschichte Ḥatras bei Dīnawarī [Abū Ḥanīfa ad-
Dînaweri, Kitāb al-aḫbār aṭ-ṭiwāl. Vol. 1: Text. Ed. V.Guirgass. Leide (1888) 50,12-14]. Danach hatte
aḍ-Ḍaizan, der König von Ḥatra, eine Nichte Šābuhrs, Duḫtnūs, die Tochter des Narseh gefangenge-
nommen. Dass es sich hier nicht um den Prinzen Narseh [ŠKZ I 17] der Šābuhr-Inschrift und um einen
Bruder Šābuhrs I. handeln kann, wie F.Justi, M.Sprengling und W.B.Henning annahmen, erklärt sich
aus dem historischen Umfeld, da Ṭabarī und Dīnawarī diese Ereignisse zeitversetzt in die Ära
Šābuhrs II. transponierten: fa-ṣāra ilā ʼḍ-Ḍaizan al-Ġassānī, fa-ḥāṣarahu fī madīnatihi ʼl-latī ʻalā šāṭiʼ al-
Furāt, mimmā yalī ʼr-Raqqa, wa-zaʻamū ʼanna ibnat aḍ-Ḍaizan wa-ʼsmuhā Mulaika wa-zaʻamū ʼanna
ʼummahā ʻammat Sābūr Daḫtanūs ibnat Narsī ... Übers.: und er [Šābuhr] zog gegen ʼaḍ-Ḍaizan, den
Ġassāniden, und belagerte ihn in seiner Stadt, die am Ufer des Euphrat, in der Nachbarschaft von ar-
Raqqa liegt; und man behauptet, dass die Tochter von ʼaḍ-Ḍaizan - ihr Name war Mulaika - und man
behauptet, dass ihre Mutter Šābuhrs Tante väterlicherseits war, Daḫtanūs [s. auch die Variante im
textkritischen Apparat: Anm. f) L Duḫtanūs], Tochter des Narsī... - Die Eroberungsgeschichte Ḥatras
kann wegen ihrer legendenhaften Züge und dem häufigen Namenwechsel ihrer handelnden Personen
im Laufe ihrer Überlieferungsgeschichte in der arabischen und persischen Literatur nicht als histori-
sche Quelle angesehen werden.
Prosopographie des Sāsānidenreiches im 3. Jahrhundert n.Chr.
Narseh, Prinz [wispuhr]

© Dr. Ursula Weber - 11.02.2023 C Seite 3/3
buch.II,5.)(Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 881.)
(Iranische Onomastik.15.)

Person:
Dînaweri, Kitâb al-aḫbār aṭ-ṭiwāl. Vol. 1: Text. Ed.: V.Guirgass. Leide 1888. - F.Justi, Iranisches Na-
menbuch. Marburg 1895. - Repr. Hildesheim 1963. - M.Sprengling, Shahpuhr I, the Great on the
Kaabah of Zoroaster (KZ). In: American Journal of Semitic Languages and Literatures 57(1940) 341-
429. - W.B.Henning, Notes on the Great Inscription of Šāpūr I. In: Professor Jackson Memorial Vol-
ume. Bombay (1954) 40-54. - Ebenf. abgedr. in: Selected Papers. Band 2. Leiden (1977) 415-
429.(Acta Iranica.15.)(Hommages et Opera Minora.VI.) - A.Maricq, Res Gestae Divi Saporis. In: Syria
35(1958) 295-360. - Ebenf. abgedr. in: Classica et Orientalia. Paris (1965) 37-101.(Institut Français
d'Archéologie de Beyrouth. Publication hors série.11.) - E.Benveniste, Titres et noms propres en
iranien ancien. Paris (1966) 22-26.(Travaux de l'Institut d'Études Iraniennes de l'Université de Pa-
ris.1.) - M.Back, Die sassanidischen Staatsinschriften (SSI). Leiden, Téhéran (1978) 237, Nr. 228a.
(Acta Iranica.18.) - Ph.Gignoux, Noms propres sassanides en moyen-perse épigraphique. Wien
(1986) 147, Nr. 759.(Iranisches Personennamenbuch.II,2.) - Ph.Huyse, Die dreisprachige Inschrift
Šābuhrs I. an der Kaʻba-i Zardušt. Bd 2. London (1999) 109f., § 34,3; 110a und Anm. 182; 119f., §
37,5. (Corpus Inscriptionum Iranicarum. P. III, 1,1,2.)